Interview

Alice Schwarzer

Die Emma-Chefin über die "Generation iPorn", falsche Toleranz und ihre Miniröcke

Gespräch: Stefan Apfl, Florian Klenk

FALTER:  Nr. 38/2007

Erscheinungsdatum: 18.09.2007

Alice Schwarzer am 5. Wiener Stadtgespräch © Christian Fischer
© Christian Fischer
Zur Person

Alice Schwarzer ist die bekannteste Vertreterin der neuen deutschen Frauenbewegung und Herausgeberin der Zeitschrift Emma. Die Journalistin zählt zu den einflussreichsten deutschen Intellektuellen und wurde für ihren Einsatz für die Rechte der Frauen ebenso kritisiert wie auch ausgezeichnet, unter anderem als Frau des Jahres 1997 und mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.

Alice Schwarzer ist wütend. Der Alltag, sagt sie, werde zunehmend „pornografisiert“. Medien-, Musik- und Modeindustrie würden aus Frauen zunehmend „Nutten“ machen, eine ganze Generation von Kids, die „Generation iPorn“, werde durch ständigen Pornokonsum im Internet brutalisiert. Dazu komme die Verharmlosung der Prostitution, die nur noch „Sexarbeit“ heiße und gesellschaftsfähig werde – zum Schaden der Frauen, die davon nicht profitieren. „PorNo!“ hieß die Kampagne, die Emma aus Protest startete.

Kampagnen gehören in die Welt der Alice Schwarzer. Die berühmteste Feministin Deutschlands wurde durch ihren Aktionismus international bekannt. Schon 1971 organisierte sie ein paar hundert Frauen, die im Stern bekannten: „Ich habe abgetrieben.“ Ein mutiges Bekenntnis zu einer Zeit, in der Abtreibung verboten war. 1977 strengte Schwarzer Musterprozesse gegen den Stern an, weil das Blatt nackte Frauen auf die Titelseiten hob. Schwarzer war es auch, die bereits Ende der 70er-Jahre auf den frauenverachtenden politischen Islam hinwies. Sie bereiste Algerien und den Iran, besuchte Frauen, die plötzlich unter dem Tuch zu leben hatten – und sich von Europas Linken verraten fühlten. Heute fordert sie Kopftuchverbote und mehr Härte gegenüber Fundamentalisten.

Schwarzer, uneheliche Tochter und geprägt von einem liebevollen Großvater, wurde vor allem auch in Paris sozialisiert. Dort engagierte sie sich beim „Mouvement de Libération des Femmes“, der Pariser Frauenbefreiungsbewegung, und sie lernte dort Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir kennen. Zurück in Deutschland litt sie unter den harten Sitten der deutschen Frauenbewegung, im Jahr 1977 gründete sie Emma. Der Feminismus, sagt Schwarzer, sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nun brauche es einen neuen Pakt zwischen Männern und Frauen für die Bewältigung des Alltags.

FALTER:  Frau Schwarzer, wo ist Ihr Lineal?

Welches Lineal?

Iris Radisch von der Zeit schrieb, Sie würden schon wieder mit dem Lineal Miniröcke vermessen.

Ach, die Kollegin sehnt sich offenbar nach einer strengen Übermutter. Aber damit kann ich nicht dienen.

In der Emma starteten Sie eine Kampagne gegen die „Generation iPorn“. Die Mehrheit der Jugendlichen könne Sex nicht mehr ausüben, ohne an Gewalt zu denken. Miniröcke, Stöckelschuhe, Stringtangas – all das sei von der ­Pornoindustrie geprägt. Klingt übertrieben.

Wenn Emma das so geschrieben hätte, wäre es wirklich übertrieben. Nein, uns geht es um die destruktiven Folgen der Pornografie, die heute dank der neuen Medien Allgegenwärtigkeit ist. Die jungen Männer werden ja geradezu zwangspornografisiert. Das verformt natürlich das sexuelle Begehren. Und was die Frauen angeht: Die sollen die neuen Freiheiten genießen und sich kleiden, wie sie wollen! Mir geht es um die Würde. Die Modeindustrie zielt zunehmend auf Entblößung und sie will Frauen in Kinderkleider stecken. Wir sollen wie kleine Mädchen aussehen – oder wie Objekte. Gehen Sie doch mal in ein Kaufhaus! Sie sehen dort Wäsche, die es früher nur im Rotlichtviertel zu kaufen gab. Heute stolpern Mädchen in hohen Absätzen übers Pflaster wie Prostituierte. Diese Einschränkung der Mobilität der Frauen durch die Mode ist historisch nichts Neues, denken Sie nur an das Korsett. Wenn Emma das so geschrieben hätte, wäre es wirklich übertrieben. Nein, uns geht es um die destruktiven Folgen der Pornografie, die heute dank der neuen Medien Allgegenwärtigkeit ist. Die jungen Männer werden ja geradezu zwangspornografisiert. Das verformt natürlich das sexuelle Begehren. Und was die Frauen angeht: Die sollen die neuen Freiheiten genießen und sich kleiden, wie sie wollen! Mir geht es um die Würde. Die Modeindustrie zielt zunehmend auf Entblößung und sie will Frauen in Kinderkleider stecken. Wir sollen wie kleine Mädchen aussehen – oder wie Objekte. Gehen Sie doch mal in ein Kaufhaus! Sie sehen dort Wäsche, die es früher nur im Rotlichtviertel zu kaufen gab. Heute stolpern Mädchen in hohen Absätzen übers Pflaster wie Prostituierte. Diese Einschränkung der Mobilität der Frauen durch die Mode ist historisch nichts Neues, denken Sie nur an das Korsett. 

Sie selbst trugen als junge Frau extrem kurze Miniröcke. Es gibt ein Foto, wo sie mit einem Minikleid Jean-Paul Sartre interviewen. Simone de Beauvoir habe dies kritisch beäugt.

Klar habe auch ich Ende der 60er, Anfang der 70er Minikleider getragen.

In einer Biografie steht, Sie hätten nach dieser Begegnung nie wieder Miniröcke getragen.

Nein, meinen letzten Minirock trug ich, nachdem Bauarbeiter an einer Straßenecke lospfiffen. Da dachte ich: Es reicht.

Sie haben sich von Männern beeinflussen lassen?

Was heißt beeinflussen? Ich muss doch wahrnehmen, welche Signale ich mit meiner Kleidung gebe.

Sie sprechen von „Nuttenmode“. Vielleicht gefällt es selbstbewussten Frauen, sich sexy zu kleiden?

Dagegen ist doch nichts einzuwenden. Aber sie sollten wissen, wie sie wirken. Und wenn man manchmal nicht weiß, ob die junge Frau an der Straßenecke auf ihren Freund wartet oder auf einen Freier – dann kann das auch für die Frau problematisch werden.

Sie haben sich ein Fernsehduell mit dem Porno-Rapper King Orgasmus One geliefert. Geben Sie solchen Leuten damit nicht auch eine Bühne?

Nein, ich informiere damit über Texte, in denen Vergewaltigung verherrlicht und das Schlagen von Frauen als sexy hingestellt wird. Solche Lieder können auf Youtube von jedem Kind angehört werden. Jugendliche ziehen sich heutzutage Gang-Bang-Videos mit Massenvergewaltigungen auf dem Handy rein, ehe sie die ersten Küsse austauschen.

Was wollen Sie gegen diese „Generation iPorn“ unternehmen?

Ich will erreichen, dass man den Sexismus so ernst nimmt wie den Antisemitismus und Rassismus. Wenn die Raptexte, die es heute über Frauen gibt, über Juden, Türken, Afrikaner oder Schwule gereimt würden, dann wären sie schon längst verboten. Gegen so was gibt es Gesetze. Aber die Vergewaltigung von Frauen darf einer wie Bushido als „geil“ besingen. Es fällt übrigens auf, dass viele der brutalen Rapper Kinder aus Machokulturen sind bzw. oft eine deutsche Mutter und einen zugezogenen Vater haben. Wir haben es heute in Deutschland einerseits mit Russlanddeutschen zu tun, die in Militärdiktaturen sozialisiert wurden, und Machos aus muslimischen Ländern. In beiden Kulturen gab es keine öffentlichen Frauenbewegungen.

Sie müssen in Sachen Feminismus also wieder von vorne anfangen?

Schlimmer noch, denn diese Jungs reagieren bereits auf den Feminismus – ohne dass sie selbst sich ihm wirklich stellen mussten.

"Heute ist das Kopftuch die Flagge des Islamismus. Ich bin daher selbstverständlich für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst" 

Alice Schwarzer

FALTER:  In Ihrem Buch werfen Sie der Linken immer wieder vor, gegenüber dem politischen Islam zu tolerant aufgetreten zu sein. Wie kommen Sie darauf?

Weil ich das 25 Jahre lang lesen und anhören musste. Es hat eine Verharmlosung, ja Verklärung der faschistoiden Fundamentalisten als „revolutionäre Volksbewegung“ gegeben. Wer die wahren Motive dieser Leute benannte, wurde als Rassist hingestellt. Viele Musliminnen und Muslime sind – so wie in Algerien – bitter enttäuscht von der Linken in Europa. Aus der Linken kommen übrigens auch die meisten Konvertiten in Deutschland. Zuerst setzten sie auf Marx, dann auf Mao, nun auf Mohammed. Der Islam ist vor der „islamischen Revolution“ ganz anders aufgetreten als heute. Da gab es vielleicht mal ein anatolisches Mütterchen mit Kopftuch. Heute ist das Tuch die Flagge des Islamismus. Ich bin daher selbstverständlich für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst, vor allem in der Schule. Auch Schülerinnen sollten es nicht tragen. Sie sollen in einer weltlichen Schule auch einmal frei davon sein können.

In der Türkei führt das Kopftuchverbot dazu, dass Frauen von Bildung fernbleiben.

Präsident Erdoğan hatte als Bürgermeister von Istanbul getrennte Busse für Männer und Frauen eingeführt. Wenn wir keinen Widerstand leisten, dann wird der Rechtsstaat von den Islamisten unterwandert. Wir sehen das in Ansätzen sogar schon in Deutschland. In Aachen verlangte ein Standesbeamter von einer volljährigen Marokkanerin die Erlaubnis der Eltern zur Eheschließung. Es gibt bereits eine Tolerierung von Polygamie durch Krankenkassen. Und wegen „Familienehre“ mordende Brüder und Väter konnten lange mit sehr viel Verständnis und milden Strafen rechnen.

Das klingt nach Verschwörung.

Wo leben Sie eigentlich? Milli Görüş und der Islamrat unterstützen seit Jahrzehnten systematisch, dass Eltern ihre Mädchen vom Schwimmunterricht befreien lassen, weil das nicht „islamgerecht“ sei. Schauen Sie sich einmal die Internetseiten muslimischer Verbände an. Wir haben es hier mit einer internationalen Strategie zu tun.

Sie lobten Papst Benedikt XVI., als er in Regensburg seine islamkritische Rede hielt. Schwarzer und Benedikt – das war ein seltsames Bündnis.

Es ist doch schön, dass man einen Papst auch mal loben kann, oder? Benedikt hat damals klargestellt, dass Gewalt im Namen des Glaubens nicht zu rechtfertigen ist – im Gegensatz zu seinem populistischen Vorgänger, der mit den islamischen Fundamentalisten kokettiert hat. Damit hat Papst Benedikt XVI. einen echten Dialog ausgelöst. Und das war gut so.

Frau Schwarzer, warum wurde eigentlich eine Feministin aus Ihnen? In Ihrer Biografie steht, Ihre Tanzschulzeit sei prägend gewesen. Sie wollten es als Mädchen nicht hinnehmen, darauf zu warten, bis Pickelgesichter Sie zum Tanz auffordern.

Unsinn. Das war nur ein Augenöffner. Ich komme aus einer bürgerlichen, deklassierten Familie, ich war ein uneheliches Kind und bin bei den Großeltern aufgewachsen. Meine Großmutter war intellektuell und politisch prägend, mein Großvater war sehr fürsorglich. Ich war ein freies Mädchen, das gelobt wurde, wenn es klug oder stark war. Und: Meine Familie hat die Nazis gehasst und auch entsprechend gehandelt. Meine Ursensibilisierung gegen Erniedrigung und Unrecht ist also der Antisemitismus, der Holocaust.

Sie lebten in Frankreich, arbeiteten dort als Journalistin, Sie waren mit Sartre und Beauvoir befreundet. Wie hat sich der Feminismus in Paris von jenem in Deutschland unterschieden?

(Klatscht in die Hände.) Ach, mon Dieu! In Frankreich war es viel anarchistischer und kreativer. Wir waren ein bunter, wilder Haufen. So richtig lässig und übermütig! Wenn wir die Straßen entlangzogen, dann nahmen sich die Burschen in Acht. Wir haben sie manchmal sogar in den Hintern gekniffen! Das hat Spaß gemacht. In Deutschland hingegen ging es in den Frauenzentren arg bürokratisch zu. Da waren die Funktionärinnen, die Verwalterinnen der sogenannten Basis. Als ich 1974 das erste „Rockfest im Rock“ organisierte, hieß es, die Arbeiterinnen würden das nicht goutieren. Es tanzten dann 4000 Frauen bis zum frühen Morgen. In Frankreich stiegen wir einfach auf die Tische und redeten wild durcheinander. In den deutschen Frauenzentren wurde gestrickt und gestillt.

Es gibt noch zwei Männer, über die wir gerne mit Ihnen sprechen möchten. Udo Jürgens und Jean-Paul Sartre ...

Fangen wir mit dem Jürgens an!

Es gibt ein Foto, auf dem er Sie küsst.

Na ja, nicht wirklich. Ich arbeitete damals als Reporterin für Pardon. Aufdecker Günter Wallraff war mein Vorgänger gewesen. 1969 machte ich eine Undercover-Reportage über den Club Méditerranée. Die verkauften sich über Sex und Sünde, aber wir glaubten nix. Ich flog mit dem Zeichner Robert Gernhardt nach Agadir. Im Flugzeug schlendert ein Typ dauernd an mir vorbei und wirft mir Glutblicke zu. „Weißt du nicht, wer das ist!“, flüsterte Gernhardt. Nö, ich kannte Jürgens nicht. Schlager und schmalzige Männerschönheiten waren nicht mein Ding. Kurz vor Ende des Aufenthalts sitz ich am Strand in einem kleinen Bademäntelchen, balzt sich doch plötzlich Udo an mich ran. Er fing an, neckisch zu werden, und zupfte an meinem Badeanzug herum. Wo bleibt nur der Gernhardt mit der Kamera? Da kam er endlich und knipste. Den Rest kennen Sie! Noch heute gibt Jürgens mir Küsschen, wenn er mich sieht. Ich mach da mit. Ich bin ja keine 28 mehr und bombensicher angezogen.

Wie hatten Sie Jean-Paul Sartre kennengelernt?

Sartre lernte ich 1970 kennen – noch ehe die Freundschaft mit Simone de Beauvoir begann. Wir hatten damals ein Interview zur wieder so aktuellen Frage der „revolutionären Gewalt“. Als Beauvoir reinkam, warf sie mir diesen unvergesslichen Blick zu. Es hat mich in dem Moment geärgert, dass ich als süße Blonde taxiert wurde, die Sartre quasi dazu verführt, ihr dieses Interview zu geben. Ich wollte doch ernst genommen werden. Gerade von ihr!

Feministinnen in Paris trugen in dieser Zeit Miniröcke?

Warum nicht? Später hab ich mit Beauvoir gearbeitet, und wir sind Freundinnen geworden. Dann kam das erste Essen zu dritt. Sartre hatte gerade der Libération ein Interview gegeben und dabei sagenhaften Unsinn über den MLF (Mouvement de Libération des Femmes, Frauenbefreiungsbewegung, Anm.) erzählt. Ich polterte gleich los: „Sartre, Sie haben wirklich Unsinn erzählt!“ Das war die Begrüßung. „Und das, obwohl Sie nun seit Jahrzehnten der Lebensgefährte von Beauvoir sind!“ In dem Moment hebt Sartre den Kopf, sieht mich an, lächelt und sagt: „Ach, finden Sie, Alice?“ Seine Augen blitzten vor Freude. Die beiden mochten das: Widerspruch und aufmüpfige Jugend. Sartre und ich trafen uns auch manchmal, wenn ­Beauvoir nicht konnte. Ich muss zu meiner Schande gestehen, ich habe dann manchmal für ihn auch den Whiskey aus dem Versteck geholt, obwohl ich wusste, dass er nicht mehr trinken durfte. Es war eh zu spät. Sartre war ganz unprätentiös, sehr bescheiden, sehr lebendig. Und Frauen haben ihn viel mehr interessiert als Männer. Nicht nur auf der ­Flirtebene, sondern weil sie lebendiger sind. Männer haben ihn einfach gelangweilt.

Wie haben Beauvoir und Sartre Sie geprägt?

Von beiden habe ich gelernt, dass Berühmtheit keine Kategorie ist.

Sie sind heute auch berühmt. Werden Sie auf der Straße angesprochen, belästigt, beschimpft?

Nein, ich werde meist sehr lieb angesprochen. Immer öfter winken mir auch die Männer zu.

Wenn Sie die Männer von heute mit den Männern der 60er vergleichen. Wo liegt der Unterschied?

Es gibt eine andere Kommunikation zwischen den Geschlechtern. Vorher waren wir zwei Sorten Mensch. Heute begegnen wir uns ganz anders.

Und die Frauen?

Ich orte ein Amalgam aus neuen Freiheiten und neuen Gefahren. In den 90er-Jahren hatten die Töchter der Emanzipation gesagt: „Okay, unsere Mütter waren frustriert und trugen Latzhosen. Wir aber wollen Fun haben und können uns alles erlauben!“ Diese Frauen arbeiteten wieder mit Verführung. Das kann ins Auge gehen – denn die traditionelle Teilung von Frauen in „Kopf oder Körper“ steckt nämlich durchaus noch drin in den Männerköpfen.

Und wie haben Sie sich verändert? Sehen Sie heute Stern-Titelbilder, die Sie früher wegen Sexismus kritisiert haben, anders?

Bei der Allgegenwart der Hardcorepornos wirken die heute fast harmlos.

Also ist auch Alice Schwarzer pornografisiert worden?

Ja, natürlich. Ich stehe ja in der Welt.

Die Thesen

Punkt 1

Faminismus versus Islam

Das Kopftuch ist zum Symbol und zur Flagge des islamistischen Kreuzzugs geworden. Die erste Voraussetzung für die Emanzipation der Frau im Islam wäre eine offensive Ächtung des Männlichkeitswahns, der das Fundament des Fundamentalismus ist. Die Linke hat die vom Islamismus bedrohten Musliminnen und Muslime im Stich gelassen, in Österreich wird das Problem des Islamismus der Rechten überlassen. Das ist fatal. Mit dem Kulturrelativismus, der sogar für Ehrenmorde Verständnis zeigt, muss Schluss sein. Menschenrechte sind unteilbar.

Punkt 1

Generation Porno

Pornografie sollte als Verstoß gegen die Menschenwürde gesehen werden, denn es handelt sich dabei um die Verknüpfung von sexueller Lust mit der Lust von Erniedrigung und Gewalt. Durch die neuen Medien bekommt jedes Kind Zugang zur Pornografie, die gesamte Gesellschaft wird pornografisiert. Das ist eine gefährliche Entwicklung: Manche junge Männer sind bereits so verstört, dass sie die Empathiefähigkeiten verloren haben – auch außerhalb der Sexualität. Die Pornografisierung hat außerdem ein bestimmtes Frauenbild geschaffen. In Publikumszeitschriften werden Frauen mittlerweile so dargestellt, wie sie vor 25 Jahren nur im Playboy zu sehen waren.

Punkt 3

Feminismus in Medien

Die Fixiertheit auf die sehr evidente Fragwürdigkeit krawalliger Boulevardzeitungen und das Nicht-kritisch-Sein mit dem Rest der Medien ist sehr selbstgefällig. Die linksliberale deutsche taz hat seit Jahrzehnten die islamistische Revolution gefeiert und verharmlost. Die linke und liberale Presse verhöhnt und verspottet die „prüde“ Arbeit von Emma. Weite Teile der liberalen und linken Presse haben Methoden, die mindestens so gefährlich sind wie jene des Boulevards – wenn nicht sogar gefährlicher. Denn diese Medien haben einen ganz anderen Anspruch als der Boulevard: Sie wollen ernst genommen werden.

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