Interview

Feridun Zaimoglu

Der deutsch-türkische Autor über das Feindbild Islam und "Fiffis" wie Strache

Gespräch: Stefan Apfl

FALTER:  Nr. 04/2011

Erscheinungsdatum: 26.01.2011

15. Wiener Stadtgespräch mit Feridun Zaimoglu © Christian Fischer
© Christian Fischer
Zur Person

Feridun Zaimoglu wurde im türkischen Bolu geboren und kam mit vier Jahren nach Deutschland. Er wuchs als Kind türkischer Gastarbeiter in Berlin und München auf. Zaimoglu studierte Medizin und Kunst, im Jahr 1995 gelang ihm mit dem Buch „Kanak Sprak“ der Durchbruch als Autor. Für seine Werke wurde er unter anderem mit dem Hebbel-Preis, dem Grimmelshausen-Preis und dem Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet. Neben seinen Aktivitäten als Kolumnist und freischaffender Künstler interveniert der Kieler regelmäßig in integrationspolitischen Debatten.

Drei Dinge fallen bei einem Telefonat mit Feridun Zaimoglu besonders auf: die druckreifen Sätze, das schallende Lachen und ein Hang zum Kettenrauchen. Ob er das Gespräch autorisieren wolle? „Autorisierungen“, sagt Zaimoglu, „sind etwas für Bettnässer.“
FALTER:  Ich würde gerne den ersten Satz Ihres Buches „Kanak Sprak“ aufgreifen, mit dem Ihnen der Durchbruch gelang: Wie lebt es sich als „Kanake“ in Deutschland im Jahr 2011?

Mein deutscher Ausweis sind meine Bücher. Im Laufe der Jahre bin ich immer mehr als Teil des deutschen Literaturbetriebs angesehen worden. Und sehr schnell hat man in mir einen „deutschen Dichter“ gesehen. Damit kann ich sehr gut leben. Seit dem Erscheinen des Erstlings sind viele Jahre vergangen. Und wenn ich diese Frage nicht als allgemeine Frage, sondern als eine an mich gerichtete auffasse, kann ich sagen: Der Kampf geht weiter.

Wenn man die 24 „Kanaken“ aus dem Buch heute noch einmal besuchen würde, wie würden sie heute auf die Frage antworten?

Der ein oder andere würde nicht mehr leben. Er war als Wolf unter Wölfen unterwegs, ganz unten, und es wäre den harten Verhältnissen geschuldet, dass er in der Wildnis verendet ist. Vom ein oder anderen würde ich annehmen, dass er gläubig geworden ist, als Geste der Abwendung von der Ruppigkeit des Alltags und der Politik. Mancher würde sagen: Schau auf meine Plautze, ich bin Familienvater und habe zwei Kinder, und nein, es ist keine Importbraut, sondern eine Deutschländerin. Die Frage müsste heute lauten: Wie lebt es sich als Muselman in Deutschland? Denn der Kanake ist tot, es lebe der Muselman!

Die konkreten Zuschreibungen haben sich also geändert. Hat Ihre generelle Zuschreibung einer „Generation X“, einer „Liga der Verdammten“ weiterhin Bestand?

Aber selbstverständlich. Denn die Lumpenpolitik ist weiterhin von Bestand. Sie können noch so oft erzählen, dass Sie zweite oder dritte Generation sind, das Ölauge ist nicht von hier. Gestern hieß es, die Asylanten, heute wird auf den Islam und die Muselmanen geschimpft.

Was sehen Sie als die Ursache dafür?

Der 11. September war natürlich ein Schock. Plötzlich waren viele Salonpapisten unterwegs, die das Abendland gegen die Muselmanen verteidigen wollten. Der alte Feind, die Bolschewiken, war tot, plötzlich hatte man einen neuen Feind, den Islam. Der war an so vielen Dingen schuld: an der Verunsicherung des Mittelstands, an der Finanzpleite, an Massenentlassungen. Daraus haben sehr viele Leute Kapital geschlagen. Es war ja nicht nur der Kriegsverbrecher Bush, der von einem Kreuzzug sprach, es sind allerorten sehr viele Fiffis unterwegs. Damit meine ich aufgeblasene Möchtegerns. In Österreich etwa der Fiffi Strache. In Deutschland ist Sarrazin ja nicht der einzige lupenreine Rassist, der rote Flecken bekommt, wenn er einen Blick auf die Moslems wirft.

Sie haben den 11. September angesprochen. Haben die Moslems ihre Stimme laut genug gegen den Terror erhoben?

Ja. Und das tun sie ständig. Terror ist eine Schweinerei, bei der unschuldige Menschen umgebracht werden. Die erdrückende Mehrheit der Moslems ist natürlich gegen Terror und Fundamentalismus. Auch der Verfassungsschutz sagt, dass die Muselmanen in den Moscheen friedlich sind. Die Troublemaker, die in den Moscheeverbänden Ärger machen, werden in den Moscheen nicht geduldet und fliegen raus – das weiß ich aus meiner Zeit, als ich ein frommer Moslem war, der zum Freitaggebet gegangen ist. Aber mittlerweile ist das Misstrauen gegenüber den Moslems sehr groß geworden. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Moslems bloß nicht die beleidigte Leberwurst spielen dürfen. Sie haben eine Auftrittsscham – da gibt es noch ganz großen Aufholbedarf.

Diese Scham ist Ihnen fremd. Sie haben als Teilnehmer der Islamkonferenz lautstark protestiert, weil keine selbstbewusste Kopftuchträgerin daran teilnahm.

Ich war bestürzt und entsetzt. Am Tisch ließen sich feministische Islamkritikerinnen über junge Frauen aus, die sich selbstbewusst für das Schamtuch entschieden haben. Aber die Musliminnen, die angegriffen wurden, fehlten und konnten sich nicht wehren. Ich habe ihnen deshalb meinen Platz zur Verfügung gestellt. Diese jungen Frauen sind Deutsche, bezeichnen sich selbst als Deutsche und haben die Identitätsfrage für sich gelöst. Aber sie haben sich für ein Kopftuch entschieden. Und ausgerechnet von Frauenrechtlerinnen bekommen sie eine so harte Kritik und werden als Fingerpuppen des Mannes bezeichnet. Ihnen wird unterstellt, sie seien Ideologinnen, das Kopftuch sei ihr ideologisches Banner und sie seien dumm und würden dumm bleiben, solange sie ihre Haare mit einem Stofffetzen bedecken.

Das Kopftuch ist mittlerweile zum Kampfbegriff geworden.

In den Medien tauchen die Kopftuchträgerinnen als geradezu Untote auf, und die größte Kritik kommt von Feministinnen. Man kann sie nicht denunzieren als willenlose Zombies.

Auch das „Abendland“ erlebt eine Renaissance. Vor zehn Jahren war das Abendland noch ein vormoderner Begriff, heute ist er nachgerade postmodern. Warum?

Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass die Postmoderne viele Monster gebiert. Das Abendland ist eines davon. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde zuerst die Geschichte für beendet erklärt, dann hieß es, Kapital über alles. Dann wurde ein Hohelied auf die Globalisierung angestimmt, und die armen Schweine fanden es toll, dass sie in Spanien mit derselben Währung bezahlen konnten wie in Deutschland. Wenn die neuen Monster jedoch ihre Masken fallen lassen, tun sie nichts anderes, als das ewig gleiche Lied vom letzten Lumpenaufgebot zu singen. Abendland ist nur ein Label. Dahinter sieht man Hackfressen, die für die Hackordnung eintreten.

In Ihren Büchern und Interviews geht es häufig um den Kampf zwischen oben und unten. Nach dem Motto: Fiffi sagt, Unterschicht gab es schon immer, aber die vor 50 Jahren war wenigstens unsere.

Genau. Wir beuten zwar unsere eigenen Proleten genauso aus wie die dahergelaufenen, aber damit der White Trash noch etwas hat, worauf er sich besinnen kann, erzählen wir etwas von den guten alten Zeiten, von der Fahne, vom Wertekanon. Nirgendwo sonst wird so viel gelogen wie in den Reihen der Leute, die aus dem Fremdenhass Kapital schlagen.

Halten Sie die aktuelle Integrationsdebatte für ein bürgerliches Projekt?

Ja, es ist eine bürgerliche Reorganisationsmaßnahme. Schauen wir uns doch diese verlogenen Hackfressen an. Aus dem schwulen Haider, der auf Jünglingspopos stand, haben seine Jünger einen Kämpfer für Österreichs Glorie gemacht. Er hat die Kassen geplündert. Hauptsache, er konnte der gnädigen Frau auf der Straße ein Grüßsiegott säuseln. Ich lade jeden ein, mal nach Klagenfurt zu fahren. Ekelhafter Totenkult, die ganze Stadt riecht nach Verwesung. Und Strache mit seinem Glattledergesicht brüllt, dass es bis jenseits der Alpen schallt: Alles Kanaken außer Mutti! Das hindert aber die Massen nicht daran, in einem Lumpen wie Strache den großen Erretter zu sehen, der das Establishment herausfordert.

Sie haben unlängst gesagt: Narren entlarven sich selbst. Die Realität widerlegt Sie.

Zwei Dinge sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Erstens: Für Leute, die mehr als einen Teelöffel Hirn im Kopf haben, entlarven sich die Narren schon selber. Zweitens: Bislang haben diese Leute es immer geschafft, den Laden zu sprengen. Haider hat sich totgefahren. Davor hat er sein Lager gespalten. Diese Leute sorgen schon für die eigene politische Entsorgung.

Und nach dem Narren kommt der Narr.

Das eigentliche Problem besteht darin, dass die sogenannten bürgerlichen Parteien diesen Mauldreck übernehmen. Plötzlich heißt es, also man muss doch mal sagen können, oder man muss doch mal von diesen Leuten erwarten können. Die Fäulnis infiziert die Mitte der Gesellschaft.

Ein Versagen der Eliten?

Ich hatte nie große Hoffnungen in die Eliten. Wenn das System auf Profitmaximierung ausgelegt ist und die Bestie entfesselt wird, wenn immer mehr Leute ausgespuckt werden und Moralkommandanten gleichzeitig von einer Rückbesinnung auf das Abendland bellen, kommt es zu Folgendem: Wer nichts anderes hat, kann wenigstens den Kopf in den Nacken legen und zur Fahne aufschauen. Aber man darf sich nicht kirre machen lassen. Es ist nun einmal ein elender Kampf.

Sie waren in den vergangenen 16 Jahren in verschiedenen Rollen in diesen Kampf verstrickt. Begonnen haben Sie als, nennen wir es, Kanakenkorrespondent ...

Kanakenkorrespondent, das ist sehr gut!

"Die sozialen Probleme werden ethnisiert. Und wenn Menschen sich wie Ratten auf Menschen stürzen, die sie für Ratten halten, dann werde ich diese Verrattung nicht tolerieren" 

Feridun Zaimoglu

FALTER:  ... daraus haben Sie sich als Romancier emanzipiert. Wie würden Sie Ihre Rolle beispielsweise in diesem Gespräch beschreiben?

In einem Punkt habe ich mich nicht geändert: Ich finde es räudig und würdelos, auf die Schwachen und die Hilfsbedürftigen einzudreschen. Die sozialen Probleme werden ethnisiert. Und wenn Menschen sich wie Ratten auf Menschen stürzen, die sie für Ratten halten, dann werde ich diese Verrattung nicht tolerieren.

Sie attestieren sich selbst eine „glühende Deutschlandliebe“. Woher kommt die?

Diese Liebe ist keine intellektuelle. Das Gefühl ist meiner Biografie geschuldet. Ich habe mein Leben – bis auf die ersten vier Jahre – in Deutschland verbracht. Man kann mir also nicht unterstellen, dass ich wie amerikanische Touristen während einer Dampferreise auf dem Rhein entzückt wurde. Meine Liebe zum Land kommt über die Liebe zu den Menschen.

Sie sprachen kaum Deutsch, als Sie in die Volksschule kamen. Was hat bei Ihnen geklappt, was bei vielen anderen nicht klappt?

Meine Eltern haben gesagt, nie wird es so sein, dass dieses Land unser Land wird. Wir sind Türken, und wir werden eines Tages zurück in die Türkei gehen. Aber ihr – meine Schwester und ich –, ihr seid später dazugekommene Deutsche, und ihr lernt jetzt eure spätere Muttersprache! Das war die Ermunterung, die harte Erziehung, wir haben das letzte Krötengeld in unsere Ausbildung investiert.

Was tun mit Kindern, die nicht dieses Glück haben?

Man muss auch zuweilen gegen den Willen der Eltern auf die Zukunft der Kinder setzen: in den Kindergarten, in den Deutschunterricht mit ihnen.

Welche Chancen haben Kinder türkischer Eltern, die Klassen mit vielleicht zwei, drei deutschen Kindern besuchen?

Sie haben keine große Chance. Das ist nämlich Blödsinn.

Und Realität.

Ja, aber das ist ja nicht einfach so passiert. Man verschweigt die Tatsache, dass die Ausländer in Türkenvierteln untergebracht worden sind. Wie konnten sie es sich denn aussuchen, wenn sie sich zunächst gar nicht auskannten? Und das zieht sich bis heute weiter fort. Plötzlich spricht man von Parallelgesellschaften und gibt die Verantwortung an die Ausländer ab. Das ist eine infame Verleumdung. Die Realität ist tatsächlich, dass es hier einige Viertel gibt, in denen die fremdstämmigen Kinder, die weder böse noch blöd sind, unter sich bleiben. Dann ist Sense mit dem Spracherwerb. Das muss man jetzt unterbrechen, und man muss dabei ehrlich sein.

Wie unterbricht man das?

Indem man die Kinder verteilt, auf Klassen mit Österreichern und Deutschen in der Mehrzahl. Das macht man aber nicht, weil die Bürger dann protestieren gehen, genau wie bei Moscheen. Der Unterricht wird darunter leiden, wir wollen die Kanaken nicht und so weiter.

Ihre Mutter hat Ihnen im Alter von neun Jahren den Umgang mit türkischen Kindern verboten. Haben Sie sich an das Verbot gehalten?

Ja. Verbote stinken einem Kind immer, das ist klar. Was will denn ein Kind? Süßigkeiten futtern, lange aufbleiben, spielen. Bestimmt nicht Hausaufgaben machen und sicher nicht eine fremde Sprache lernen. Meine Mutter und mein Vater haben also sehr darauf geachtet. Und irgendwann wurde es uns zu einer Normalität.  Ja. Verbote stinken einem Kind immer, das ist klar. Was will denn ein Kind? Süßigkeiten futtern, lange aufbleiben, spielen. Bestimmt nicht Hausaufgaben machen und sicher nicht eine fremde Sprache lernen. Meine Mutter und mein Vater haben also sehr darauf geachtet. Und irgendwann wurde es uns zu einer Normalität.

Hätte meine Mutter mir den Umgang mit dem jugendlichen Feridun Zaimoglu verboten?

Der jugendliche Feridun Zaimoglu war vor allem sehr blöd. Das Bild vom jungen Schriftsteller als Deppen, das gibt es auch von mir. Ihre Mutter hätte Ihnen den Umgang mit mir nicht verboten, weil ich ein Schmuddelkind war, sondern weil ich ein Depp war, der wie betäubt in der Gegend rumstand.

Was ist denn dran an den Geschichten über den herumziehenden Rowdy?

Das kam einige Zündhemmungen später, in der Kieler Zeit. Da wurde ich wütend, blieb aber blöd.

Ein Rebell ohne Grund?

Damit würde man mich überhöhen. Kein Konzept, keine Gedanken, keine Idee von der Zukunft. Ganz sicher war ich nicht ethno-esoterisch angewandelt. Das ist ja das Uninteressanteste überhaupt. Ich habe damals gemalt, gemalt, gemalt, und draußen wurde ich dann wütend. Ich habe Camus und Sartre gelesen, vielleicht ein Sechzehntel davon verstanden, aber egal. Die Bücher sahen gut aus, und die Mädchen hielten einen für nicht ganz so bekloppt.

Ein guter Freund von mir war damals ein Freund Ihres Mitbewohners Marc, dem Friseur. Er hat mir wilde Geschichten erzählt.

Nein, die Welt ist klein!

Was ist also dran an den wilden Kellerpartys?

Arschlange Haare, schwarze Lederjacke, schwarze Stulpenstiefel, überhaupt immer schwarz angezogen. Damals habe ich schon wie ein Wilder gemalt. Zweimal aus der Akademie rausgeflogen. Sagen wir es so: Ich und meine Kumpels, wir waren eine Gruppe von nicht vertrauenswürdigen Personen.

Und dann kam „Kanak Sprak“ und katapultierte Sie dorthin, wo Sie immer sein wollten, in den Kulturbetrieb.

Kultur, Himmel, das glänzte, allein das Wort, wenn man es aussprach. Ich hatte eine vage Ahnung davon, dass ich da gerne mitmischen wollte. „Kanak Sprak“ war völlig überraschend. Ich habe nie darauf gesetzt, Bücher zu schreiben. Plötzlich war ich einer, der ein Buch geschrieben hat. Bum. Ein zweites, ein drittes, ein viertes. Ich habe akzeptiert, dass jedes Buch ein Risiko darstellt, die Leute lieben es oder sie lieben es eben nicht. Und ich mag das. Ich mag den Einsatz. Ich wünschte, es könnte sich ein Gefühl einstellen, angekommen zu sein, Teil einer Gemeinde zu sein, ein Gefühl, das sich länger hält als zwei Tage.

Heute sind Sie zumindest der wahrscheinlich bekannteste Feridun Deutschlands.

Das sage ich meinem besten Kumpel, der wird wiehern wie ein Pferd.

Die Thesen

Punkt 1

Die Verknappung der Aufklärer

Ich bin ein Aufklärungsskeptiker. Die Aufklärung hat den Traum und das Magische zerstört, all das, was gewissermaßen Volkes Erzählfluss war. Man muss die Gläubigen sehr ernst nehmen. Das Aufklärungsverständnis der heutigen Aufklärer – der erhitzten Aufklärer – zielt auf Verknappung ab. Sie halten Menschen eher für bekloppt und bescheuert, die ein vielleicht magisches Verständnis von der Welt und vom Leben haben.

Punkt 1

Die Ethnisierung des Sozialen

Seit ein paar Jahren spricht man über die Belange der Einwanderung. Selbst im feinen Feuilleton geht es um die Angst vor der Fruchtbarkeit der Exoten und deren Kinderreichtum. Ganze Szenarien werden dort entworfen: Es gäbe eine heimliche Mobilmachung, eine Landnahme. Mittlerweile ist aus dem Ausländer der Moslem geworden, ein äußerer und innerer Feind, der uns bedroht. Das Soziale wird ethnisiert. Wo man hinguckt, toben Ausschreitungskämpfe. Dabei wird vergessen, dass es in der Debatte um eine eingewanderte Unterschicht geht. Es geht um ein Oben und Unten. Dass es unter den armen Schweinen eine große Solidarität gibt, ist ein Mythos.

Punkt 3

Macht durch Spracherwerb

Es ist zwar gut, diese Kanaksprak zu sprechen. Aber wie verhält es sich, wenn man gezwungen ist, richtig Deutsch zu sprechen? Jugendliche sprechen davon, dass ihr Deutsch in Alltagssituationen nicht ausreicht. In diesen Alltagssituationen geht es um Macht und Ohnmacht. Wenn die Eltern eines begabten Kindes meinen, dass Schule nicht so wichtig sei, dann sollte man ihnen zeigen, dass sie falsch liegen und dass zum Beispiel der Spracherwerb von großer Bedeutung ist. Es darf nicht sein, dass die Zukunft des Landes verödet, weil die Eltern zu blöd sind. Deshalb wäre es gut, wenn man sich nicht allzu lange mit Geschwätz aufhält und handelt.

Das dazugehörige Stadtgespräch
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