Gespräch: Barbara Tóth
FALTER: Nr. 47/2022
Erscheinungsdatum: 12. November 2022
Die Republikaner haben sich noch nicht aktiv von Donald Trump abgewendet, weil sie noch nicht abschätzen können, ob die Basis tatsächlich auch von ihm wegwill. Aber es rumort heftig. Sich mit Trump anzulegen, kann sehr gefährlich werden. Er hat in der Vergangenheit viele Konkurrenten zerstört. Er ist einer, der das Schiff am Ende lieber niederbrennt, als das Ruder abzugeben. Insofern wird es extrem ungemütlich für die Republikaner in den nächsten zwei Jahren werden.
Nein. DeSantis fährt eins zu eins den Trump-Kurs, übrigens auch was die Lüge vom Wahlbetrug angeht. Er regiert Florida wie eine Art Mini-Viktor-Orbán. Er schreckt nicht davor zurück, Firmen mit der Staatsmacht zu drohen, wenn sie seine Politik kritisieren oder nicht auf Linie sind. Er droht Universitäten, ihnen staatliche Gelder zu entziehen, wenn sie nicht auf Linie sind, und er hat die Rechte von LGBTQ-Menschen massiv eingeschränkt. Der republikanische Kulturkampf erschöpft sich nicht in Rhetorik, er hat konkrete Folgen in Form von Gesetzgebung.
Zu Jahresbeginn galt es ja noch als ausgemacht, dass die Demokraten beide Kammern des Kongresses krachend verlieren werden, da in der Regel die Partei des amtierenden Präsidenten die Midterm-Wahlen verliert. Joe Biden ist nicht sehr beliebt, die Wirtschaftslage noch schwierig, die Inflation hoch. Das Abtreibungs-Urteil brachte den Umschwung. Die Demokraten stellten republikanische Positionen im Wahlkampf als massive Bedrohung für die Demokratie als Ganzes dar. Sie machten die Midterms zu einer Abstimmung über den republikanischen Extremismus. Die Republikaner haben es ihnen aber auch leicht gemacht, weil sie das ganz offen sagen: Das ist erst der Anfang.
Es gab eine Rekordzahl bei der Registrierung von Wählerinnen. Aber eine Mehrheit der weißen Frauen hat Republikaner gewählt. Insofern spielt die ethnische Zugehörigkeit eine sehr große Rolle. Wie so oft haben Demokraten ihren Sieg vor allem Schwarzen, Frauen und Frauen of Color zu verdanken. Das ist auf jeden Fall ein feministisches Signal.
Annika Brockschmidt
Nein. Mehr als die Hälfte der republikanischen Kandidaten waren sogenannte election deniers, also Leute, die behaupten, dass Joe Biden die Wahl 2020 gar nicht rechtmäßig gewonnen habe. Von denen haben immer noch mehr als die Hälfte gewonnen. Das Repräsentantenhaus rückt erheblich nach rechts. Aber die Demokraten konnten verhindern, dass diese election deniers in wichtige Schlüsselpositionen aufrücken, bei denen sie 2024 die Zertifizierung der Wahlergebnisse manipulieren könnten.
Nein. Die Vorstellung, dass diese amerikanische Rechte oder republikanische Politiker nicht wirklich glauben, was sie sagen, dass sie nur posen, um ihre Basis aufzuheizen, ist falsch. Das sind für sie keine Strategiefragen, sondern Glaubensgrundsätze.
Es gibt ein in sich geschlossenes Desinformationssystem aus verschiedenen rechten Medien, das ein fester Bestandteil der republikanischen politischen Strategie ist. Medien wie Fox News sind gut darin, Themen für den Wahlkampf zu setzen, die nicht nur von rechten Politikern, sondern von etablierten, nicht rechten Medien übernommen werden. Das ist ein Problem. Aus falsch verstandener Neutralität halten anerkannte Nachrichtensender Äquidistanz zwischen zwei Positionen. Und der gesamte Diskurs rückt weiter nach rechts.
Leider auch in der deutschen Medienberichterstattung. Auch da werden Republikaner oft nach wie vor so behandelt, als seien sie eine ganz normale Partei.
Jedenfalls nicht rechtspopulistisch. Das klingt für mich immer so, als traue man sich nicht, das F-Wort zu sagen, und streut ein bisschen Glitzer obendrauf. Ich würde sagen: rechts, reaktionär, rechtsextrem und in gewissen Fällen neofaschistisch.